Wenn schon Fleisch essen – dann doch bitte das von glücklichen Tieren. Wir stellen Menschen vor, die ihre Tiere artgerecht, nachhaltig und liebevoll aufziehen. Die für einen würdevollen Tod ihrer Tiere sorgen. Und die die Qualität des Fleisches auf dem Teller schätzen.
Was wäre eigentlich, wenn kein Tier mehr leiden müsste, bevor es auf unseren Tellern landet? Wenn es also artgerecht aufwachsen würde, mit viel Auslauf, gutem Futter, liebevoller Haltung und am Ende auch einem würdigen Ende? 57,33 Kilogramm Fleisch haben wir Deutschen pro Kopf im Jahr 2020 verzehrt. 32,8 Kilo davon Schwein, 13,3 Kilo Geflügel und rund 10 Kilo Rind.
Der allergrößte Teil davon stammt aus Massentierhaltung mit den bekannten grauenhaften, tierunwürdigen Zuständen. Zugespitzt formuliert: Der hauseigene Grill kostet oft ein Vermögen, während das Fleisch darauf gerne aus billigsten Quellen kommen darf.
Und Bio-Produkte? Sie machen lediglich 6,4 Prozent des gesamten Lebensmittelumsatzes in Deutschland aus (2019) und bei Fleisch ist der Bio-Anteil noch geringer: Im vergangenen Jahr lag er bei Bio-Geflügel bei etwa 2,6 Prozent, bei Rotfleisch (Schwein, Rind, Lamm, Schaf und Kalb) bei 3,6 Prozent. (Quelle: Foodwatch). Oder um es mit Greenpeace noch mal deutlich zu sagen: Fast 90 Prozent allen Frischfleischs in Kühltheken stammt aus konventioneller Massenaufzucht. Dabei geht es auch anders. Und ganz ehrlich: Mit unserem Geldbeutel haben wir es als Konsument:innen und Verbraucher:innen selbst in der Hand, wie die Tiere behandelt werden.
Auch im Landkreis Landsberg haben viele Betriebe längst erkannt, dass die Erzeugung von hochwertigem Fleisch das bessere Geschäft ist und kein Widerspruch zu erfolgreichem und wirtschaftlichem Handeln
darstellt. Im Gegenteil: Während viele industrielle
Hersteller den landwirtschaftlichen Betrieben wenig Spielräume lassen und oft trotz steigender Erzeugerpreise die Preisspirale weiter nach unten drehen, bietet die artgerechte Haltung viele Vorteile:
Für das Tierwohl, die Qualität der Produkte, den Ertrag für die Landwirtschaft sowie die Gesundheit aller. Dabei muss es noch nicht mal Bio sein. Ein gutes, regionales, artgerechtes und nachhaltiges Produkt hat oft
sogar eine bessere Klimabilanz als ein Bio-Produkt, das eine lange Reise hinter sich hat.
Ganz konkret tut sich in unserem Landkreis bereits einiges. Natürlich reichen die Mengen noch längst nicht aus, um den Bedarf zu decken. Aber ein Anfang ist gemacht. Noch wenig bekannt sind Höfe und Züchter seltener Rassen, deren Produkte man oft nur vor Ort direkt beim Erzeuger erwerben kann.
Von den Beuerbacher Wasserbüffeln, über die schottischen Hochlandrinder des Ärztehepaars Hüttl in Leeder, die Charolais-Rinder der Familie Dausch in Finning oder die Welsh Black Herde der gebürtigen Landsbergerin Nadja Schuster in Kitzighofen – alle schaffen beste Haltungsbedingungen von der Geburt über die Ernährung und Haltung bis zum Weideschuss. Für all jene, die Fleischkonsum schätzen und bereit sind, in Qualität und Tierwohl zu investieren.
Ehepaar Hüttl im Fuchstal
Wie das Ärzte-Ehepaar Tanija und Thomas Hüttl zu einer 30-köpfigen schottischen Hochland-Rinderherde kam, ist eine eigene Geschichte wert. Fest steht: Nachdem sie ihr erstes eigenes Tier, einen handzahmen Bullen namens Alf, nach wiederholten Aufschüben doch haben schlachten lassen und feststellten, wie sensationell gut das Fleisch schmeckte, wollten sie weitermachen und stiegen in die Züchtung ein.
Zwei- bis viermal im Jahr wird geschlachtet. Thomas Hüttl tötet seine Tiere selbst, ein biozertifizierter Metzger zerlegt das Fleisch anschließend. Kein Fleisch zu essen, ist für Thomas Hüttl übrigens keine Lösung, denn: Die Tiere leben in Leeder im Familienverband mit fester Rangordnung. Wenn eine der Kühe „rindrig“ wird, haben sie und der Stier eine „intensive Zeit“, die ein paar Tage dauert, danach sind alle wieder glücklich und bald darauf kommt ein Kalb zur Welt. Ohne Schlachtung gäbe es entweder viel zu viele Rinder auf der Welt oder sie könnten eben nicht als Herde artgerecht zusammenleben.
Familie Schuster aus Lamerdingen
Die Landsbergerin Nadja Schuster und ihr Mann Alois betreiben in Lamerdingen, westlich von Hurlach, ihre Landwirtschaft. Vor vielen Jahren haben sie auf Mutterkuhhaltung umgestellt und ihre Zucht mit einer Welsh-Black-Herde, einer relativ seltenen, alten Rasse, begonnen. Immer wieder haben sie die Herde mit einem Aubrac-Bullen oder einem Pinzgauer gekreuzt. Momentan veredelt ein Wagyu-Stier die 15 Mutterkuh große Herde. „Das sind alles vom Wesen her sehr ruhige, gutmütige Rassen“, sagt Nadja Schuster. Auch lagerten sie das Fett gut im Fleisch ein, sodass ein wunderbar marmoriertes Steak herauskomme.Es sei ein „enormer Geschmacks- und Qualitätsunterschied“, wenn die Tiere artgerecht und wertschätzend aufwachsen, ohne jegliches Kraftfutter langsam heranwachsen und dann mitten auf der Weide ganz unvermittelt per Weideschuss getötet würden. Der Stress einer konventionellen Haltung und Tötung stecke im Fleisch drin und das schmecke man auch.
Das Töten macht übrigens ihr Mann – als Landwirt und Jäger – selbst. Anschließend wird das gesamte Rind verwertet, da müsse man dann eben mal ein Rezept raussuchen für ein Stück Fleisch, das es so beim Metzger nicht gibt. Bislang haben die Schusters ihre Rinder an Chiemgauer Naturfleisch verkauft und nur geringe Mengen an Freunde und per Mundpropaganda weitergegeben. Doch das Direktvermarktungskonzept steht bereits in den Startlöchern.
Büffelhof in Beuerbach
Die drei jungen Köche Vuong Pham Huu, Amelie Schweisfurth und Valentin Schwencke lieben ihre Wasserbüffel und Wollschweine. Die gemütlichen großen Tiere mit den nach hinten gebogenen typischen Hörnern werden am liebsten kräftig und ausgiebig gekrault. Der Respekt vor den Tieren gebietet es, dass – nach dem Weideschuss – im Büffelhof Beuerbach das ganze Tier verwertet wird und auf der kleinen, feinen, wöchentlich wechselnden Speisekarte erscheint. Weitere selbst hergestellte Produkte kann man im Hofladen erwerben.
Der Thriller-Autor Frank Schätzing empfiehlt in seinem neuesten Buch Was, wenn wir einfach die Welt retten? zum Beispiel: „Angenommen Sie essen sechsmal die Woche Fleisch. Dann reduzieren Sie ihren Konsum fortan auf vier Tage. Nicht aber Ihr Budget! Schon reicht das Geld für bessere Qualität. Halbieren Sie gar Ihren Konsum, kann Fleisch doppelt so teuer sein, ohne dass Sie einen Cent mehr ausgeben.“