Hammer | Hobel | Hände

Der Drachenkönig

Warum Pürgen in ganz Europa für die Restaurierung eleganter
Drachen bekannt ist und was ein Uttinger Profisegler damit zu tun hat.
Ein Besuch in der Liebner-Werft.

Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommele nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer. Sagte einst Antoine de Saint-Exupéry. Der Uttinger Peter Liebner würde – wenn er nicht so bescheiden wäre – sagen: Wenn du perfekte, elegante und rasante Segelboote bauen und restaurieren willst, dann liebe das Segeln mehr als alles andere. Dann sei die Hälfte der Tage eines Jahres auf dem Meer unterwegs, segle internationale Regatten, überquere den Atlantik, umrunde Australien, spüre die eiskalte, salzige Gischt des Polarmeers auf der Haut, kurz: werde Segelprofi. Segle mit russischen Oligarchen, mit schwedischen Milliardären und einfach mit allen, die das Segeln genauso lieben und die die Mittel haben, um dich als Profi für ihr Regatta-Team anzuheuern. Und spätestens abends, an der Bar, sind sie überzeugt, wer so segeln kann, der kann auch Highend-Boote bauen.

Aber natürlich sagt der Bootsbaumeister Peter Liebner mit seiner Werft im Pürgener Industriegebiet so etwas nicht. Er sagt: Ich bin froh, dass wir hier direkt an der Autobahn Ausfahrt Landsberg-Ost sitzen. Die Hänger mit den Booten aus ganz Europa könnten gar nicht durch die engen Straßen in Utting fahren.

In Utting, da hat alles angefangen. Vater Walter Liebner war angestellter Bootsbauer im Augsburger Segelclub in Utting und bewohnte ebendort eine Einliegerwohnung. Der kleine Peter ist mitten im Segelclub groß geworden, ein riesiger Abenteuerspielplatz war das! Mit fünf Jahren segelte er seine erste Regatta, in einem kleinen Opti, den der Vater extra für ihn gebaut hatte. Im Boot hatte dieser ein Kreuz aufgemalt und gesagt, wenn das Segel dort ist, hast du Vorfahrt, wenn es hier ist, der andere.

Was soll so einer werden, dem das Segeln und das Bootsbauen quasi in die Wiege gelegt worden ist, wenn nicht ebenso Bootsbauer? Also Ausbildung und Gesellenjahre in der Steinlechner-Werft in Utting. Kurze berufliche Ausflüge zur Frauscher Werft in Gmunden am Traunsee in Österreich. Das sind die, die Boote für die James Bond Filme bauen.

Am Ende der Gesellenzeit gewann Peter Liebner 1985 als Bundessieger den Leistungswettbewerb der nationalen Bootsbauer. Die Urkunde hat er noch von Franz Josef Strauß persönlich erhalten. Nebenbei segelte er schon damals als Profi internationale Regatten. Die Meisterschule schloss er 1990 als seinerzeit jüngster und bester Meister ab. Nur einen Tag später gründete er seine eigene Werft, damals noch im Hinterhof der Uttinger Ludwigstraße 13.

Mehrere Umzüge und Vergrößerungen folgten, bevor er 2009 auf das Gelände im Industriegebiet Pürgen zog. Hier werkeln sieben Azubis, darunter immer mindestens zwei oder drei junge Frauen, sowie sieben weitere Angestellte an den unterschiedlichsten Booten. Ein selbstgebautes Elektroboot im klassisch-schwedischen Stil liegt gerade neben zwei Segelbooten der Drachenklasse und einem kieloben gedrehten 45er-Schärenkreuzer. Nebenan in der großen Halle und draußen stapeln sich die Boote.

Peter Liebner ist mit fünf Jahren die erste Regatta gesegelt und ist bis heute in den Top-Ligen der Welt unterwegs.

Liebners Spezialgebiet und auch seine Leidenschaft sind die Drachen, also historische Segelboote der sogenannten Drachen-Klasse: Unglaublich elegant und mit einem Wahnsinns-Renommee. Der schnittige Drachen wird unter Seglern oft als „Königsklasse“ bezeichnet, da er von 1948 bis 1972 als olympische Bootsklasse oft von Mitgliedern der europäischen Königshäuser gesegelt wurde und auch heute noch gesegelt wird. Peter Liebner ist unter Drachen-Liebhabern aus ganz Europa für seine Restaurationskünste bekannt.

Und als Bootsbauer muss man vieles können, im Handwerk genauso wie im Bereich Kreativität: Schreinern, Lackierung, Glasfaserverarbeitung, Elektrik, Motorkunde, Kunststofftechnik, Schlosserei und Metall-verarbeitung. Dazu braucht es ein sehr gutes 3D-Vorstellungsvermögen.

Und, Herr Liebner, gibt es noch Träume? Er überlegt lange. Seglerisch hat er alles gemacht. Aber ja, doch, da gibt es die Ariadne, ein Segelboot, das viele alte Menschen am Ammersee noch kennen, ein 45er Nationaler Kreuzer Baujahr 1914. Wenn es die Zeit zulässt, möchte er die privat wieder herrichten, um dann vielleicht zur Abwechslung mal ganz entspannt mit seiner Frau Ela Brühl und Freunden über den Ammersee zu schippern.

Text: Silke-Katinka Feltes
Fotos: Janina Laszlo

Hammer | Hobel | Hände

Der Drachenkönig

Warum Pürgen in ganz Europa für die Restaurierung eleganter
Drachen bekannt ist und was ein Uttinger Profisegler damit zu tun hat.
Ein Besuch in der Liebner-Werft.

Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommele nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer. Sagte einst Antoine de Saint-Exupéry. Der Uttinger Peter Liebner würde – wenn er nicht so bescheiden wäre – sagen: Wenn du perfekte, elegante und rasante Segelboote bauen und restaurieren willst, dann liebe das Segeln mehr als alles andere. Dann sei die Hälfte der Tage eines Jahres auf dem Meer unterwegs, segle internationale Regatten, überquere den Atlantik, umrunde Australien, spüre die eiskalte, salzige Gischt des Polarmeers auf der Haut, kurz: werde Segelprofi. Segle mit russischen Oligarchen, mit schwedischen Milliardären und einfach mit allen, die das Segeln genauso lieben und die die Mittel haben, um dich als Profi für ihr Regatta-Team anzuheuern. Und spätestens abends, an der Bar, sind sie überzeugt, wer so segeln kann, der kann auch Highend-Boote bauen.

Aber natürlich sagt der Bootsbaumeister Peter Liebner mit seiner Werft im Pürgener Industriegebiet so etwas nicht. Er sagt: Ich bin froh, dass wir hier direkt an der Autobahn Ausfahrt Landsberg-Ost sitzen. Die Hänger mit den Booten aus ganz Europa könnten gar nicht durch die engen Straßen in Utting fahren.

In Utting, da hat alles angefangen. Vater Walter Liebner war angestellter Bootsbauer im Augsburger Segelclub in Utting und bewohnte ebendort eine Einliegerwohnung. Der kleine Peter ist mitten im Segelclub groß geworden, ein riesiger Abenteuerspielplatz war das! Mit fünf Jahren segelte er seine erste Regatta, in einem kleinen Opti, den der Vater extra für ihn gebaut hatte. Im Boot hatte dieser ein Kreuz aufgemalt und gesagt, wenn das Segel dort ist, hast du Vorfahrt, wenn es hier ist, der andere.

Was soll so einer werden, dem das Segeln und das Bootsbauen quasi in die Wiege gelegt worden ist, wenn nicht ebenso Bootsbauer? Also Ausbildung und Gesellenjahre in der Steinlechner-Werft in Utting. Kurze berufliche Ausflüge zur Frauscher Werft in Gmunden am Traunsee in Österreich. Das sind die, die Boote für die James Bond Filme bauen.

Am Ende der Gesellenzeit gewann Peter Liebner 1985 als Bundessieger den Leistungswettbewerb der nationalen Bootsbauer. Die Urkunde hat er noch von Franz Josef Strauß persönlich erhalten. Nebenbei segelte er schon damals als Profi internationale Regatten. Die Meisterschule schloss er 1990 als seinerzeit jüngster und bester Meister ab. Nur einen Tag später gründete er seine eigene Werft, damals noch im Hinterhof der Uttinger Ludwigstraße 13.

Mehrere Umzüge und Vergrößerungen folgten, bevor er 2009 auf das Gelände im Industriegebiet Pürgen zog. Hier werkeln sieben Azubis, darunter immer mindestens zwei oder drei junge Frauen, sowie sieben weitere Angestellte an den unterschiedlichsten Booten. Ein selbstgebautes Elektroboot im klassisch-schwedischen Stil liegt gerade neben zwei Segelbooten der Drachenklasse und einem kieloben gedrehten 45er-Schärenkreuzer. Nebenan in der großen Halle und draußen stapeln sich die Boote.

Peter Liebner ist mit fünf Jahren die erste Regatta gesegelt und ist bis heute in den Top-Ligen der Welt unterwegs.

Liebners Spezialgebiet und auch seine Leidenschaft sind die Drachen, also historische Segelboote der sogenannten Drachen-Klasse: Unglaublich elegant und mit einem Wahnsinns-Renommee. Der schnittige Drachen wird unter Seglern oft als „Königsklasse“ bezeichnet, da er von 1948 bis 1972 als olympische Bootsklasse oft von Mitgliedern der europäischen Königshäuser gesegelt wurde und auch heute noch gesegelt wird. Peter Liebner ist unter Drachen-Liebhabern aus ganz Europa für seine Restaurationskünste bekannt.

Und als Bootsbauer muss man vieles können, im Handwerk genauso wie im Bereich Kreativität: Schreinern, Lackierung, Glasfaserverarbeitung, Elektrik, Motorkunde, Kunststofftechnik, Schlosserei und Metall-verarbeitung. Dazu braucht es ein sehr gutes 3D-Vorstellungsvermögen.

Und, Herr Liebner, gibt es noch Träume? Er überlegt lange. Seglerisch hat er alles gemacht. Aber ja, doch, da gibt es die Ariadne, ein Segelboot, das viele alte Menschen am Ammersee noch kennen, ein 45er Nationaler Kreuzer Baujahr 1914. Wenn es die Zeit zulässt, möchte er die privat wieder herrichten, um dann vielleicht zur Abwechslung mal ganz entspannt mit seiner Frau Ela Brühl und Freunden über den Ammersee zu schippern.

Text: Silke-Katinka Feltes
Fotos: Janina Laszlo

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