
Handwerk hat Zukunft. Doch immer weniger Jugendliche wollen eine Ausbildung machen. Zu traditionell und veraltet die Arbeitsstrukturen, zu mickrig das Gehalt. Wir stellen erfolgreiche Handwerker:innen vor, die ihren Beruf lieben und die Lust auf Handwerk machen.
Spätestens mit den Werken von Haydn, Mozart und Beethoven hat es eine beeindruckende Karriere hingelegt: die Faszination für das Klavier ist bis heute ungebrochen. Für kein anderes Instrument wurde so viel Musik komponiert. In Deutschland allein gibt es mehr als 8,5 Millionen Klaviere. Éva Szabó trägt dazu bei, die Magie für künftige Generationen zu bewahren: sie ist Klavierbauerin.
In der Werkstatt des Greifenberger Instituts für Musikinstrumentenkunde sieht es aus wie in einer Schreinerei. Überall stapelt sich Holz. Zurückgelassene Späne liegen zusammengehäuft unter den Werkbänken. Hier hobelt, sägt, feilt und raspelt Éva. Ihre dreieinhalbjährige Ausbildung zur Klavierbauerin begann mit den Grundlagen der Materialkunde in der Berufsschule. Die wahre Kunst des Klavierbaus erlernt man dann in der Werkstatt.
Das Greifenberger Institut ist was Tasten-Instrumente angeht ein ganz besonderer Ort. Denn hier widmet man sich historischen, jahrhundertealten Instrumenten, die zuerst erforscht und dann nachgebaut werden. Dabei entstehen nicht nur genaue Rekonstruktionen, sondern
auch manchmal längst verlorene Klangwelten. Es ist ein Stück Kultur, das wir bewahren, sagt Éva. Sie selbst baute während ihrer Ausbildung ein Cembalo nach – genauer ein Querspinett nach Johann Heinrich Silbermann aus dem Jahr 1767.
So ein Nachbau kann Monate dauern. Die vorangegangene Forschung mehrere Jahre. Das erfordert Geduld, aber auch Feinfühligkeit in den Fingern. Kurz gesagt: es ist ein vielfältiger Beruf für Perfektionisten, der auch den Körper herausfordert. Viele Klavierbauer:innen leiden unter Schulter-Arm-Beschwerden. Laut Éva brauche es dafür einen Ausgleich, wie Yoga oder Kraftsport. Grundsätzlich rät sie erst einmal zu einem Praktikum – allen, die sich für das Handwerk und die Musik interessieren.
Die gebürtige Ungarin arbeitet außerdem selbstständig in Teilzeit, um aus der „modernen“ Klavierwelt nicht rauszukommen, wie sie sagt. Ausgestattet mit einem guten Gehör stimmt sie Instrumente oder nimmt kleinere Reparaturen an ihnen vor. So klingen die Stücke plötzlich wieder harmonisch und das klemmende „e“ hakt auch nicht mehr.