Historisches

Tuff tuff tuff, die Eisenbahn

Lust auf eine Zeitreise ins Bayern des späten 19. Jahrhunderts, als die „Sommerfrische“ am Ammersee in Mode kam? Auch dieses Jahr fahren wieder einige
traditionsreiche „Badezüge“ von Augsburg zum Ammersee. Ein kleine Bahn-Geschichte.

Ruhe. Ländliche Idylle. Seeluft. Das suchten viele Künstler, Schriftsteller und Schauspieler Mitte des 19. Jahrhunderts am Ammersee. Und auch die Münchner und Augsburger Stadtbewohner drängten zu „Sonne, Licht und Luft“. Um das Jahr 1870 wurde der Ruf nach einer Eisenbahn laut, die von Augsburg zum Westufer des Ammersees führen sollte. Gaststätten, Biergärten und Herbergen versprachen sich ein lohnendes Geschäft mit den zahlreichen Arbeitern, die in den Fabriken und Manufakturen der „Fuggerstadt“ beschäftigt waren und am Ammersee Erholung finden sollten.

1873 wurde die erste „Denkschrift“ zum Bau einer Eisenbahn verfasst und an den bayerischen König Ludwig II. adressiert – ohne Erfolg. 1882 unternahmen Augsburger Kaufleute einen erneuten Vorstoß und planten eine Bahn über Mering, Geltendorf und Dießen nach Weilheim in Oberbayern. Doch dagegen formierte sich in Landsberg am Lech geballter Widerstand: Denn die geplante Eisenbahn sollte die mittelalterliche Stadt am Lech „rechts liegen“ lassen und stattdessen in knapp 20 Kilometer Entfernung am Rand des Landkreises Landsberg nach Weilheim führen.

Das stolze Landsberg, das jahrhundertelang am Verkehr auf der „Salzstraße“ von Reichenhall über München in Richtung Bodensee fürstlich verdient hatte, war schon beim Bau der Eisenbahn München – Buchloe – Memmingen mit einer Stichbahn „abgespeist“ worden, die in Kaufering von der Hauptbahn abzweigte. Jetzt sollte auch noch die geplante Ammerseebahn für Landsberg verloren gehen. Zornig wetterte der damalige Landsberger Bürgermeister auf einer Sitzung am 19. Dezember 1891: „Wir brauchen keine Bahn, und wenn die Augsburger eine Vergnügungsbahn an den Ammersee wollen, dann sollen sie selbst eine bauen!“

Und so geschah es dann auch: 1886 wurde die Baugenehmigung erteilt. Zehn Jahre später begannen die Bauarbeiten. Schon am 30. Juni 1898 wurden die Teilstrecken Mering – Schondorf und Dießen – Weilheim ohne offizielle Feier in Betrieb genommen. Die zunächst noch bestehende Lücke in der Ammerseebahn zwischen Schondorf und Dießen wurde anfangs durch Schiffe der Ammerseeflotte überbrückt. Nach der Ankunft in Schondorf mussten die Reisenden vom Bahnhof durch das Dorf zum Dampfersteg laufen, mit dem Schiff nach Dießen fahren und dort wieder in die Züge der Ammerseebahn einsteigen. Endlich konnte auch der 11,75 Kilometer lange Restabschnitt am 23./24. Dezember 1898 in Betrieb genommen werden.

Die eingleisige Strecke zweigte in Mering von der Hauptbahn Augsburg – München ab und führte durch das sanft gewellte obere Paartal mit seinen Wiesen und Wäldern über Egling, Walleshausen und Kaltenberg nach Geltendorf, wo die Hauptbahn München – Buchloe – Memmingen gekreuzt wurde. Von Geltendorf aus schlug die Trasse den Weg in Richtung St. Ottilien ein. Die dortigen Missionsbenediktiner waren besonders erpicht auf einen Bahnanschluss und stellten kostenlos den Grund für die Strecke samt einer Haltestelle mit Ladegleis zur Verfügung.

Über Greifenberg und Schondorf erreichte die Trasse das Westufer des Ammersees. Da die Uferbebauung damals noch sehr spärlich war, konnte das Gleis nur wenige Meter vom Ufer entfernt über Riederau nach Dießen verlegt werden. Südlich von Dießen querte die Trasse das Feuchtgebiet des Ammermooses und traf schließlich auf die bereits vorhandene Bahnlinie München – Weilheim. Die „Karwendelbahn“ stellte später den Anschluss über Garmisch-Partenkirchen und Mittenwald nach Innsbruck in Tirol her.

Der offizielle Eröffnungszug dampfte am 23. Dezember 1898 mit rund 320 geladenen Ehrengästen über die Ammerseebahn. 1903 wurde auch die Lokalbahn von München nach Herrsching am Ostufer des Ammersees eröffnet. Der See war damit sowohl für die Münchner als auch für die Augsburger per Eisenbahn einfach und schnell zu erreichen. Eine Fahrt mit dem Personenzug von Augsburg nach Dießen dauerte im Jahr 1914 rund zwei Stunden und sechs Minuten, was einer Reisegeschwindigkeit von rund 27 Stundenkilometern entsprach. In der dritten Wagenklasse kostete dieses Vergnügen damals stattliche 1,76 Mark.

Auch im Güterverkehr nahm die Bedeutung der Ammerseebahn immer mehr zu. Vor allem der „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 sorgte für zusätzlichen Verkehr, da die Ammerseebahn nun auch als Umfahrung Münchens zur Anbindung von Innsbruck diente. Den Zweiten Weltkrieg überstand die Ammerseebahn trotz ihrer nicht unerheblichen strategischen Bedeutung relativ glimpflich. Schwere Bombenangriffe waren nur auf den Bahnhof Weilheim zu verzeichnen.

Nachdem sich der Pulverdampf des Krieges verzogen hatte, fuhren die Augsburger aus der schwer zerstörten
Stadt zum „Hamstern“ vor allem in die Dörfer im oberen Paartal. Es dauerte aber nicht lange, dann kam auch der Ausflugsverkehr wieder in Gang: Geradezu legendär wurden die vollbesetzten „Badezüge“ der 50er- und 60er-Jahre. Sonntag für Sonntag strömten die Menschen aus der Großstadt in die „Badewanne der Augsburger“ – so wurde der Ammersee bald respektloserweise genannt.

Trotz der Konkurrenz durch den modernen Individualverkehr steht die Ammerseebahn heute nach wie vor als „Ausflugsbahn der Augsburger“ hoch im Kurs. Im Jahr 2008 löste die Bayerische Regiobahn BRB nach einer gewonnenen Ausschreibung die DB Regio auf der Ammerseebahn ab. Seither fahren moderne Dieseltriebwagen zwischen Augsburg, Weilheim und Schongau.

Die legendären „Badezüge“ kehren zurück

Unter dem Motto „Mit Dampflok und Dampfer“ bringt der Bahnpark Augsburg die traditionsreichen „Badezüge“ wieder zurück: Seit 2012 hat sich auf der Ammerseebahn eine touristische Museumsbahn etabliert, die an bestimmten Sonntagen zur Haupturlaubszeit zwischen dem Bahnpark Augsburg und Utting am Ammersee verkehrt. Zum Einsatz kommen historische Wagen aus den 1950er- und 1960er-Jahren und die denkmalgeschützte Dampflokomotive 41 018 aus dem Jahr 1939.
Fahrkarten kosten 42 Euro für Erwachsene und 21 Euro für Kinder.
Weitere Informationen unter:

www.ammersee-dampfbahn.de

Termine

Pfingst-Sonntag, 8. Juni 2025
Pfingst-Montag, 9. Juni 2025
Sonntag, 13. Juli 2025
Sonntag, 20. Juli 2025
Sonntag, 27. Juli 2025
Sonntag, 3. August 2025
Sonntag, 10. August 2025

Historisches

Tuff tuff tuff, die Eisenbahn

Lust auf eine Zeitreise ins Bayern des späten 19. Jahrhunderts, als die „Sommerfrische“ am Ammersee in Mode kam? Auch dieses Jahr fahren wieder einige
traditionsreiche „Badezüge“ von Augsburg zum Ammersee. Ein kleine Bahn-Geschichte.

Ruhe. Ländliche Idylle. Seeluft. Das suchten viele Künstler, Schriftsteller und Schauspieler Mitte des 19. Jahrhunderts am Ammersee. Und auch die Münchner und Augsburger Stadtbewohner drängten zu „Sonne, Licht und Luft“. Um das Jahr 1870 wurde der Ruf nach einer Eisenbahn laut, die von Augsburg zum Westufer des Ammersees führen sollte. Gaststätten, Biergärten und Herbergen versprachen sich ein lohnendes Geschäft mit den zahlreichen Arbeitern, die in den Fabriken und Manufakturen der „Fuggerstadt“ beschäftigt waren und am Ammersee Erholung finden sollten.

1873 wurde die erste „Denkschrift“ zum Bau einer Eisenbahn verfasst und an den bayerischen König Ludwig II. adressiert – ohne Erfolg. 1882 unternahmen Augsburger Kaufleute einen erneuten Vorstoß und planten eine Bahn über Mering, Geltendorf und Dießen nach Weilheim in Oberbayern. Doch dagegen formierte sich in Landsberg am Lech geballter Widerstand: Denn die geplante Eisenbahn sollte die mittelalterliche Stadt am Lech „rechts liegen“ lassen und stattdessen in knapp 20 Kilometer Entfernung am Rand des Landkreises Landsberg nach Weilheim führen.

Das stolze Landsberg, das jahrhundertelang am Verkehr auf der „Salzstraße“ von Reichenhall über München in Richtung Bodensee fürstlich verdient hatte, war schon beim Bau der Eisenbahn München – Buchloe – Memmingen mit einer Stichbahn „abgespeist“ worden, die in Kaufering von der Hauptbahn abzweigte. Jetzt sollte auch noch die geplante Ammerseebahn für Landsberg verloren gehen. Zornig wetterte der damalige Landsberger Bürgermeister auf einer Sitzung am 19. Dezember 1891: „Wir brauchen keine Bahn, und wenn die Augsburger eine Vergnügungsbahn an den Ammersee wollen, dann sollen sie selbst eine bauen!“

Und so geschah es dann auch: 1886 wurde die Baugenehmigung erteilt. Zehn Jahre später begannen die Bauarbeiten. Schon am 30. Juni 1898 wurden die Teilstrecken Mering – Schondorf und Dießen – Weilheim ohne offizielle Feier in Betrieb genommen. Die zunächst noch bestehende Lücke in der Ammerseebahn zwischen Schondorf und Dießen wurde anfangs durch Schiffe der Ammerseeflotte überbrückt. Nach der Ankunft in Schondorf mussten die Reisenden vom Bahnhof durch das Dorf zum Dampfersteg laufen, mit dem Schiff nach Dießen fahren und dort wieder in die Züge der Ammerseebahn einsteigen. Endlich konnte auch der 11,75 Kilometer lange Restabschnitt am 23./24. Dezember 1898 in Betrieb genommen werden.

Die eingleisige Strecke zweigte in Mering von der Hauptbahn Augsburg – München ab und führte durch das sanft gewellte obere Paartal mit seinen Wiesen und Wäldern über Egling, Walleshausen und Kaltenberg nach Geltendorf, wo die Hauptbahn München – Buchloe – Memmingen gekreuzt wurde. Von Geltendorf aus schlug die Trasse den Weg in Richtung St. Ottilien ein. Die dortigen Missionsbenediktiner waren besonders erpicht auf einen Bahnanschluss und stellten kostenlos den Grund für die Strecke samt einer Haltestelle mit Ladegleis zur Verfügung.

Über Greifenberg und Schondorf erreichte die Trasse das Westufer des Ammersees. Da die Uferbebauung damals noch sehr spärlich war, konnte das Gleis nur wenige Meter vom Ufer entfernt über Riederau nach Dießen verlegt werden. Südlich von Dießen querte die Trasse das Feuchtgebiet des Ammermooses und traf schließlich auf die bereits vorhandene Bahnlinie München – Weilheim. Die „Karwendelbahn“ stellte später den Anschluss über Garmisch-Partenkirchen und Mittenwald nach Innsbruck in Tirol her.

Der offizielle Eröffnungszug dampfte am 23. Dezember 1898 mit rund 320 geladenen Ehrengästen über die Ammerseebahn. 1903 wurde auch die Lokalbahn von München nach Herrsching am Ostufer des Ammersees eröffnet. Der See war damit sowohl für die Münchner als auch für die Augsburger per Eisenbahn einfach und schnell zu erreichen. Eine Fahrt mit dem Personenzug von Augsburg nach Dießen dauerte im Jahr 1914 rund zwei Stunden und sechs Minuten, was einer Reisegeschwindigkeit von rund 27 Stundenkilometern entsprach. In der dritten Wagenklasse kostete dieses Vergnügen damals stattliche 1,76 Mark.

Auch im Güterverkehr nahm die Bedeutung der Ammerseebahn immer mehr zu. Vor allem der „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 sorgte für zusätzlichen Verkehr, da die Ammerseebahn nun auch als Umfahrung Münchens zur Anbindung von Innsbruck diente. Den Zweiten Weltkrieg überstand die Ammerseebahn trotz ihrer nicht unerheblichen strategischen Bedeutung relativ glimpflich. Schwere Bombenangriffe waren nur auf den Bahnhof Weilheim zu verzeichnen.

Nachdem sich der Pulverdampf des Krieges verzogen hatte, fuhren die Augsburger aus der schwer zerstörten
Stadt zum „Hamstern“ vor allem in die Dörfer im oberen Paartal. Es dauerte aber nicht lange, dann kam auch der Ausflugsverkehr wieder in Gang: Geradezu legendär wurden die vollbesetzten „Badezüge“ der 50er- und 60er-Jahre. Sonntag für Sonntag strömten die Menschen aus der Großstadt in die „Badewanne der Augsburger“ – so wurde der Ammersee bald respektloserweise genannt.

Trotz der Konkurrenz durch den modernen Individualverkehr steht die Ammerseebahn heute nach wie vor als „Ausflugsbahn der Augsburger“ hoch im Kurs. Im Jahr 2008 löste die Bayerische Regiobahn BRB nach einer gewonnenen Ausschreibung die DB Regio auf der Ammerseebahn ab. Seither fahren moderne Dieseltriebwagen zwischen Augsburg, Weilheim und Schongau.

Die legendären „Badezüge“ kehren zurück

Unter dem Motto „Mit Dampflok und Dampfer“ bringt der Bahnpark Augsburg die traditionsreichen „Badezüge“ wieder zurück: Seit 2012 hat sich auf der Ammerseebahn eine touristische Museumsbahn etabliert, die an bestimmten Sonntagen zur Haupturlaubszeit zwischen dem Bahnpark Augsburg und Utting am Ammersee verkehrt. Zum Einsatz kommen historische Wagen aus den 1950er- und 1960er-Jahren und die denkmalgeschützte Dampflokomotive 41 018 aus dem Jahr 1939.
Fahrkarten kosten 42 Euro für Erwachsene und 21 Euro für Kinder.
Weitere Informationen unter:

www.ammersee-dampfbahn.de

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Pfingst-Sonntag, 8. Juni 2025
Pfingst-Montag, 9. Juni 2025
Sonntag, 13. Juli 2025
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