Leben | Lust | Leidenschaft

Brust raus

Ein komplettes Magazin über den weiblichen Busen? Ein leidenschaftliches Plädoyer für die Freiheit der Nippel? Wer traut sich denn sowas? Eine junge Frau aus Schondorf hat eine sehr entspannte Sicht auf die beiden Dinge(r) und hat ein Magazin gestaltet, das zum Nachdenken über den weiblichen Körper und die Sicht der Gesellschaft auf ihn anregt.

Jeder zweite Mensch hat sie: Brüste. Sie sind groß, klein, rund, länglich, prall, schlabberig. Sie stehen, hängen, baumeln. Sie wachsen oder schrumpfen je nach Lebensphase. Sie verändern sich im Laufe eines Lebens, wie sich auch alles andere verändert. Sie sind so unterschiedlich wie die Frauen, zu denen sie gehören. Und doch scheint es, als gäbe es – vor allem in den Medien – nur die eine Brust, nämlich die perfekte. 

Diese ist in der Regel jung, nicht zu groß, nicht zu klein, sie ist knackig wohlgeformt und hängt kein bisschen. Die Socialmedia-, Werbe- genauso wie die Erotikbranche zelebrieren das Ideal. Leider, liebe Herren, sieht die Realität anders aus. Und warum, meine Damen, vergleicht Ihr Euch damit? Lasst euch womöglich operieren oder quetscht Eure besten Stücke in gleichförmige, einengende BHs? Warum so unzufrieden? 

Wir sollten einfach mehr normale Brüste sehen, sagt Emilia Schmidt aus Schondorf. Warum, so fragt sie sich, dürfen eigentlich nur Männer, wenn es draußen heiß ist, oberkörperfrei herumlaufen? Warum darf auf Instagram alles von der weiblichen Brust gezeigt werden, nur der Nippel nicht? Die männliche Brustwarze darf gezeigt werden, also warum genau wird die weibliche Brust von der Gesellschaft sexualisiert? 

Eine nur scheinbar einfache Frage, die man mit verschiedenen Brillen betrachten kann, der soziologischen, der biologischen, der emanzipatorischen, der zwischenmenschlichen. 

Fest steht: Der öffentliche Busen ist heute ein Tabu. Und genau damit beschäftigt sich das Magazin der 24-jährigen Kommunikationsdesignerin Emilia Schmidt. Im Rahmen ihrer Abschlussarbeit an der Designschule München hat sie viele Frauen interviewt, hat recherchiert, fotografiert und Texte zum Thema weibliche Brust zusammengestellt. 

Herausgekommen ist ein wunderschönes Magazin mit dem Titel- Wortspiel Tabusen. Es setzt sich für eine Normalisierung und Entsexualisierung der Frauenbrust in unserer Gesellschaft ein. Für mehr Selbstbewusstsein und Selbstliebe. Ein Magazin, das zum Nachdenken über den eigenen Körper – und den Umgang der Gesellschaft damit – anregt. 

„Sie wollen hin und her schlackern, atmen, abhängen bzw. rumhängen. Sie wollen nicht eingesperrt, hochgepuscht und schön drapiert werden. Ihr Endgegner ist nicht die Erdanziehungskraft, sondern ein einengender BH. Ich beobachte immer wieder, wie Menschen meine Nippel anstarren, die sich unter dem T-Shirt abzeichnen. Manchmal werden sie so sehr angestarrt, dass ich denke, Baby, das sind nur Nippel, keine Außerirdischen!“, sagt zum Beispiel die Zeit-Journalistin Mateja Meded. 

Und doch haben die meisten Frauen Angst. Vor den begehrlichen Blicken und den blöden Sprüchen. Viele Frauen haben das schon erlebt, sie werden in bestimmten Situationen auf ihre Brüste beschränkt, werden mit sexistischen Bemerkungen bedrängt und erfahren bei einem freizügigen Umgang mit ihrem Körper gesellschaftliche Ablehnung. 

Über Frauenkörper und Männerblicke könnte man wohl Bücher füllen. Nach den eher liberalen 70er Jahren scheint es heute wieder eine neue Prüderie zu geben. Schon junge Mädchen tragen heute BHs (vom gesellschaftlichen Zwang zur Intimrasur wollen wir ein anderes Mal reden) und scheinen ein eher zwanghaftes Verhältnis zum eigenen Körper zu haben. 

Emilia Schmidt sagt: Schaut, wie es sich anfühlt. Macht, womit auch immer Ihr Euch wohlfühlt. Ohne BH rumzulaufen kann unglaublich befreiend sein. Die Brust ist etwas Normales. Es ist der Mindset, der Euch einengt. 

Das sieht die in Tabusen zitierte Journalistin Mateja Meded ebenso: „Frauen sollen nicht perfekt sein, sondern mutig. Mut haben, ihren Intellekt und Humor zu zeigen, Mut haben, das Tier in sich zu entdecken, Mut haben, sich die gleichen Rechte herauszunehmen, die Männer schon längst haben, Mut haben, ihren Körper vollkommen zu verhüllen oder zu enthüllen. Mut haben, unangenehm für die Gesellschaft zu werden.“ 

Emilia Schmidt

Geboren und aufgewachsen in Schondorf, Montessorischule Inning und Kaufering, MOS (Montessori Fachoberschule München). Asienreise. Studium Kommunikationsdesign an der Designschule München. Abschluss als Staatlich geprüfte Kommunikationsdesignerin mit der Note 1,0. Ihre Abschlussarbeit, das Magazin Tabusen, läuft derzeit im Wettbewerb des ADC (Art Directors Club), bei dem jährlich die kreativsten Arbeiten im deutschsprachigen Raum ausgezeichnet werden. 

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Brust raus

Ein komplettes Magazin über den weiblichen Busen? Ein leidenschaftliches Plädoyer für die Freiheit der Nippel? Wer traut sich denn sowas? Eine junge Frau aus Schondorf hat eine sehr entspannte Sicht auf die beiden Dinge(r) und hat ein Magazin gestaltet, das zum Nachdenken über den weiblichen Körper und die Sicht der Gesellschaft auf ihn anregt.

Jeder zweite Mensch hat sie: Brüste. Sie sind groß, klein, rund, länglich, prall, schlabberig. Sie stehen, hängen, baumeln. Sie wachsen oder schrumpfen je nach Lebensphase. Sie verändern sich im Laufe eines Lebens, wie sich auch alles andere verändert. Sie sind so unterschiedlich wie die Frauen, zu denen sie gehören. Und doch scheint es, als gäbe es – vor allem in den Medien – nur die eine Brust, nämlich die perfekte. 

Diese ist in der Regel jung, nicht zu groß, nicht zu klein, sie ist knackig wohlgeformt und hängt kein bisschen. Die Socialmedia-, Werbe- genauso wie die Erotikbranche zelebrieren das Ideal. Leider, liebe Herren, sieht die Realität anders aus. Und warum, meine Damen, vergleicht Ihr Euch damit? Lasst euch womöglich operieren oder quetscht Eure besten Stücke in gleichförmige, einengende BHs? Warum so unzufrieden? 

Wir sollten einfach mehr normale Brüste sehen, sagt Emilia Schmidt aus Schondorf. Warum, so fragt sie sich, dürfen eigentlich nur Männer, wenn es draußen heiß ist, oberkörperfrei herumlaufen? Warum darf auf Instagram alles von der weiblichen Brust gezeigt werden, nur der Nippel nicht? Die männliche Brustwarze darf gezeigt werden, also warum genau wird die weibliche Brust von der Gesellschaft sexualisiert? 

Eine nur scheinbar einfache Frage, die man mit verschiedenen Brillen betrachten kann, der soziologischen, der biologischen, der emanzipatorischen, der zwischenmenschlichen. 

Fest steht: Der öffentliche Busen ist heute ein Tabu. Und genau damit beschäftigt sich das Magazin der 24-jährigen Kommunikationsdesignerin Emilia Schmidt. Im Rahmen ihrer Abschlussarbeit an der Designschule München hat sie viele Frauen interviewt, hat recherchiert, fotografiert und Texte zum Thema weibliche Brust zusammengestellt. 

Herausgekommen ist ein wunderschönes Magazin mit dem Titel- Wortspiel Tabusen. Es setzt sich für eine Normalisierung und Entsexualisierung der Frauenbrust in unserer Gesellschaft ein. Für mehr Selbstbewusstsein und Selbstliebe. Ein Magazin, das zum Nachdenken über den eigenen Körper – und den Umgang der Gesellschaft damit – anregt. 

„Sie wollen hin und her schlackern, atmen, abhängen bzw. rumhängen. Sie wollen nicht eingesperrt, hochgepuscht und schön drapiert werden. Ihr Endgegner ist nicht die Erdanziehungskraft, sondern ein einengender BH. Ich beobachte immer wieder, wie Menschen meine Nippel anstarren, die sich unter dem T-Shirt abzeichnen. Manchmal werden sie so sehr angestarrt, dass ich denke, Baby, das sind nur Nippel, keine Außerirdischen!“, sagt zum Beispiel die Zeit-Journalistin Mateja Meded. 

Und doch haben die meisten Frauen Angst. Vor den begehrlichen Blicken und den blöden Sprüchen. Viele Frauen haben das schon erlebt, sie werden in bestimmten Situationen auf ihre Brüste beschränkt, werden mit sexistischen Bemerkungen bedrängt und erfahren bei einem freizügigen Umgang mit ihrem Körper gesellschaftliche Ablehnung. 

Über Frauenkörper und Männerblicke könnte man wohl Bücher füllen. Nach den eher liberalen 70er Jahren scheint es heute wieder eine neue Prüderie zu geben. Schon junge Mädchen tragen heute BHs (vom gesellschaftlichen Zwang zur Intimrasur wollen wir ein anderes Mal reden) und scheinen ein eher zwanghaftes Verhältnis zum eigenen Körper zu haben. 

Emilia Schmidt sagt: Schaut, wie es sich anfühlt. Macht, womit auch immer Ihr Euch wohlfühlt. Ohne BH rumzulaufen kann unglaublich befreiend sein. Die Brust ist etwas Normales. Es ist der Mindset, der Euch einengt. 

Das sieht die in Tabusen zitierte Journalistin Mateja Meded ebenso: „Frauen sollen nicht perfekt sein, sondern mutig. Mut haben, ihren Intellekt und Humor zu zeigen, Mut haben, das Tier in sich zu entdecken, Mut haben, sich die gleichen Rechte herauszunehmen, die Männer schon längst haben, Mut haben, ihren Körper vollkommen zu verhüllen oder zu enthüllen. Mut haben, unangenehm für die Gesellschaft zu werden.“ 

Emilia Schmidt

Geboren und aufgewachsen in Schondorf, Montessorischule Inning und Kaufering, MOS (Montessori Fachoberschule München). Asienreise. Studium Kommunikationsdesign an der Designschule München. Abschluss als Staatlich geprüfte Kommunikationsdesignerin mit der Note 1,0. Ihre Abschlussarbeit, das Magazin Tabusen, läuft derzeit im Wettbewerb des ADC (Art Directors Club), bei dem jährlich die kreativsten Arbeiten im deutschsprachigen Raum ausgezeichnet werden. 

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