Unsere Kolumnistin Susanne Greiner lässt es sich nicht nehmen, zwischen Bäumen, Blumen und Kräutern auch Tomaten auf ihrer Hinterhof-Terrasse mitten in der Landsberger Altstadt anzubauen. Was ihr dabei hilft und wie sie sich auf den Winter vorbereitet.
Mein neuer Freund heißt Franz: stabil, effizient, günstig. Bestellt habe ich Franz unter dem Namen „Relaxdays“ – und wahrlich: Das kleine Tomatengewächshaus beschert mir einen unbeschwerten Sommer. Statt zum Sklaven meiner Tomaten zu werden, bilden Franz, Solanum lycopersicum und ich eine Kooperative.
Am 30. April nimmt Franz fünf Mieter auf, wenige Zentimeter hohe Tomatensetzlinge. Die fünf sind grundverschieden: Sensatica, die Eiertomate, ist keine Sensation: eher fade und wässrig. Im Gegensatz zu Bartelli: ein schnell wachsender Italiener mit süßen Cocktailfrüchten. Dazu gesellen sich Golden Pearl – macht ihrem Namen alle Ehre, die Beatles-Tomate Yellow Submarine – nicht U-Boot-, sondern birnenförmig – und die robust-gedrungene Strauchtomate Rotkäppchen. Wie sollte sie auch anders heißen? Wer sich in Tomatensorten vertiefen will: Wikipedia listet alle, von „Frau Metzger“ (des Züchters erste geheime Liebe?) über „Venusbrüstchen“ und „Banana Legs“ (nomen est omen) bis hin zum Tolkien-Universum mit „Bilbo“, „Frodo“ und „Gollum“.
Jede meiner Tomaten bekommt einen 7-Liter-Topf. Zu klein, wie sich zeigt. Oder zu wenig gedüngt? Das tue ich bis September zweimal, einmal mit Kaffee und Zwiebelschalen, einmal mit Komposterde. Trotzdem werden einige Blätter gelb. Den ersten Paradeiser zupfe ich am 30. Juni – und der ist sauer. Erst 14 Tage später ernte ich gelbe, orange und rote Tomaten, süß und aromatisch. Ausgeizen geht nebenher, Rotkäppchen kommt ganz ohne aus. Einen Trieb der grandiosen Golden Pearl stelle ich ins Wasser. Und tatsächlich: Er wurzelt und darf unter dem Schirm meiner Pinie wachsen. Die Früchte der 2. Generation reifen Mitte September.
Mein Tomaten-Resumee: ok, aber mit Luft nach oben. Nächstes Jahr werden es größere Töpfe. Und alte Sorten, Socrates, Sibirisches Tigerherz. Die sind samenfest, ich könnte die Kerne einsetzen, Pflanzen ziehen … Dass ich mir diese Mühe mache, bezweifle ich. Aber bis dahin ist ja noch Zeit.
Winter is coming
Jetzt gilt es, den Winter vorzubereiten. Schachbrettblumenzwiebeln sind gesetzt, Wiesenblumen gesät – die brauchen Kälte, um im Frühjahr zu sprießen. Kleine Pflanzen kommen ins Treppenhaus. Stauden lasse ich struppig draußen, die Töpfe in Luftpolsterfolie, Laub und Stroh auf der Erde. Ebenso Oliven- und Apfelbaum: Oliven halten bis zu minus zehn Grad aus. Zumindest, wenn sie so akklimatisiert sind wie mein fünfzehnjähriger Baum.
Avocado, Mandarine und Eukalyptus sowie der empfindliche Pfirsichsalbei wandern samt Frostwächter ins Gewächshaus. Wobei „wandern“ euphemistisch ist: Die riesigen Baukübel durchs Fenster und via Küche hinters Haus zu tragen, artet zu einer wahren Schlepporgie aus. Aber in der Wohnung ist es den Pflanzen zu dunkel und mir zu eng. Deshalb mein heldenhaft schützendes Winterquartier namens „Läderlappen“ – so hieß Batman früher in Schweden. Was den Aufbau von Gewächshäusern betrifft: Der ist bei Billigvarianten dank kryptischer Anleitung sagen wir mal … herausfordernd. Ikea ist Luxus dagegen.
Und Franz? Seine Haut ist in der prallen Sonne und der Hitze dieses Sommers faltig geworden. An manchen Stellen hat Franz Risse. Aber nächstes Jahr wird er nochmal dabei sein: Gaffa sei Dank.
Text/Fotos: Susanne Greiner
Wer braucht Urlaub? Ich habe meine Terrasse, die mich auf jedem Zentimeter und immer wieder zum Staunen bringt. Wenn ich nicht dort gärtnere/lese/sinniere/schlafe, bin ich Redakteurin beim Landsberger Kreisboten. Meine Themen: so ziemlich alles. Bevorzugt Kultur, Umwelt, gerne auch Lokalpolitik. Die ist fast so bunt wie meine Terrasse im Mai. Susanne Greiner