30 Jahre Stadtbibliothek Landsberg:
Eine Erfolgsgeschichte und eine kleine Hommage an die Magie der Bücher.
Das Team der Stadtbibliothek Landsberg (von links): Jeanette Krewinkel, Peter Gayer, Bettina Zimmermann, Cornelia Spreigl, Andrea Heimbach-Stenzel und Leiterin Claudia Buchecker. Es fehlt Sonja Wolf.
… und Bücherwürmer
Ein gutes Buch kann eine ganze Welt bedeuten. Man kann sich darin vergessen. Oder sich inspirieren lassen. Man kann Dinge erleben, die man sich selbst nicht trauen würde. Man kann in fremde Köpfe schauen und manchmal mehr über ein Land, eine fremde Kultur erfahren, als wenn man dort Urlaub machte. Bücher erfüllen ein Urbedürfnis aller Menschen nach guten Geschichten.
Wie gut, dass es all diese Geschichten für die meisten Menschen frei zugänglich gibt: Bibliotheken sind definitiv eine der besten Einrichtungen des öffentlichen Lebens. Für einen kleinen Beitrag (Kinder sind meistens frei) kann man Mitglied einer Bücherei werden und fortan so viele Bücher ausleihen und lesen, wie man mag.
Seit genau 30 Jahren residiert nun die Stadtbibliothek Landsberg in den schönen, hellen Räumlichkeiten des ehemaligen Salzstadels. Gegen den Widerstand vieler Stadtratsmitglieder hat damals Oberbürgermeister Franz-Xaver Rössle die aufwendige Renovierung und den Umzug der Bücherei aus der Stadtverwaltung (dem Lechhaus) in die seinerzeitige Feuerwehrwache durchgesetzt. Eine weise Entscheidung: Bis heute wirkt die Stadtbibliothek großzügig, modern und einladend.
Leiterin Claudia Buchecker ist seit Anbeginn mit dabei, ihr Kollege, Bibliotheksassistent Peter Gaier, ist ein halbes Jahr nach der Eröffnung ins Team gekommen. Beide erinnern sich noch gut an die schwierigen Anfänge.
Peter Gayer: „Als Kind bin ich oft mit der Fuchstalbahn nach Landsberg ins Inselbad gefahren und habe mir auf dem Weg aus der Bibliothek im alten Rathaus Die drei ??? ausgeliehen und auf dem Rückweg wieder abgegeben.
Danach war die Bücherei im Lechhaus. Neue Bücher durfte man damals niemals ausleihen, die sollten ja geschont werden.“ Im Jahr 1991, die Renovierung und der Umzug waren bereits beschlossen, stellte man die erst 27-jährige Diplom-Bibliothekarin Claudia Buchecker aus München als Leiterin ein. Als sie an ihrem ersten Arbeitstag im Lechhaus ankam, war sie schockiert über den desolaten Zustand der Bücherei: Sie war klein, vernachlässigt und „kruschtelig“.
Sie begann damit, den Bestand praktisch von Grund auf wieder aufzubauen. Zwei Jahre später, Anfang 1993, war die neue Bücherei im ehemaligen Salzstadel endlich fertig.
Jetzt, 30 Jahre später, gibt es insgesamt knapp 48.000 Medien im Bestand. Rund 80 Prozent sind Printmedien (Romane, Kinderbücher, Sachbücher, Zeitschriften). Die restlichen 20 Prozent verteilen sich auf Filme, CDs,
Tonies und Brettspiele.
Noch ein paar Fakten: Über das ganze Jahr 2022 wurden von 3.868 Leser:innen 246.211 Medien ausgeliehen. Pro Öffnungstag kommen rund 236 Besucher:innen. Seit der Eröffnung am 13. Februar 1993 sind 7,8 Millionen Medien über den Tresen gegangen und rund 49.000 Mitgliedsausweise erstellt worden. Und es gibt tatsächlich noch 33 aktive Leser:innen, die seit dem ersten Anmeldungstag dabei sind. Wenn das nicht Bücherliebe ist!
Das Bibliotheksteam hätte noch viele Ideen, Wünsche und Träume, wie die Bibliothek noch attraktiver gestaltet werden könnte: Die Räume des heutigen Stadtarchivs im
Nebengebäude könnten beispielsweise als eigenständiger Jugendraum gestaltet werden, mit Sofas und Abhängecken. Dann müssten die Teenager sich nicht weiter einen Raum mit den Krabbelkindern teilen.
Dann: Das Lesecafé könnte ausgebaut und mit gutem Kuchen und Kaffee betrieben werden. Oder: Ein eigener Veranstaltungsraum (bislang teilt man sich den Raum mit dem Stadtkapellen (Stadtkapelle und Stadtjugendkapelle). Fürs nächste Jahr ist bereits eine eigene Saatgut-Bibliothek geplant, die wie eine Art Pflanzentauschbörse funktionieren wird. Eine lebendige Bibliothek eben!
Für die Diplom-Bibliothekarin Bettina Zimmermann (62) ist die Arbeit mit Büchern der schönste Beruf der Welt. Gleich ob es um Führungen mit Kindergarten- oder Jugendgruppen geht oder um ihr Amt als Jurorin beim Vorlesewettbewerb, um den Bestandsaufbau und das Kinderprogramm, Hauptsache die Bücher stehen im Mittelpunkt.
Bibliotheksassistent Peter Gayer (57) arbeitet seit knapp 30 Jahren in der Stadtbibliothek. Ihn reizen „die unendlichen Welten“, die man betritt, sobald man ein Buch aufschlägt. Er empfiehlt den Klassiker „Die Stadt der träumenden Bücher“ von Walter Moers. „Bewunderungswürdig, wie viel Fantasie, wie viele abgefahrene Ideen in diesem Buch stecken. Eine bizarre Geschichte, die man auch liebt, wenn man keine Fantasybücher mag.“
Besonders stolz ist er auf die in die Bücherei integrierte Bibliothek des Historischen Vereins: Hier gibt es Literatur zu Landsberg, die man sonst nirgends mehr finden kann.
Cornelia Spreigl (59) liebt ebenfalls ihre Arbeit als Bibliotheksangestellte, „weil ich gerne lese und weil ich die Abwechslung mag.“ Ihre Lieblingsautor:innen sind Andreas Gruber, Mette Hancock und „viele, viele andere.“
Wenn es ein Buch gäbe, das sie auswählen müsste, welches wäre das? Für die Leiterin der Stadtbibliothek Claudia Buchecker (60) wäre das: Hundert Jahre Einsamkeit von Gabriel Garcia Marquez. „Eines der wenigen Bücher, das ich mehrmals gelesen habe, das erste Mal mit 18 Jahren. Es hat mich damals sehr beeindruckt und ist bis heute einfach zeitlos gut geblieben.“
Andrea Heimbach-Stenzel (55) ist als Bibliotheksangestellte eines der Gesichter hinter dem Empfangstresen. Sie redet nicht lange drum herum: „Bücher sind für Körper, Geist und Seele. Sie tun einfach gut.“
Ihre Teamkollegin Janette Krewinkel (48) fasst es so zusammen: „Ich liebe Bücher, ich liebe die Stadtbibliothek, weil es der Ort ist, wo jeder die Träume findet, die er gerade braucht.“
Text: Silke-Katinka Feltes | Foto: Bertl-Magazin
Foto: Stadtarchiv
Das langgestreckte Lagergebäude mit seinem hohen Satteldach diente seit 1631 als Lager- und Umschlagplatz für Salz. Mit großen Seilwinden (eine davon gibt es noch heute im obersten Stockwerk) transportierte man Salzscheiben und Säcke in den großen Dachraum. So blieb das Gebäude bis Mitte des 19. Jahrhunderts weitgehend unverändert. Mit dem Ende des Salzvertriebs ging das Salzgebäude in den Besitz der Stadt über und es entstand der städtische Baustadel mit einer kleinen Wohnung im südlichen Teil. Nach einem größeren Umbau zog 1939 die städtische Feuerwehr in den Stadel ein. Auch nach dem Umbau 1993 sind noch Teile der alten Holzkonstruktion erhalten geblieben.
Foto: Bertl-Magazin
Bereits im 19. Jahrhundert gab es in Landsberg eine (nicht-öffentliche) Magistratsbibliothek. Anfang des 20. Jahrhunderts eine Katholische Pfarrbücherei. Unter den Nationalsozialisten dann eine Städtische Volksbücherei mit „belehrenden Büchern von national erzieherischem Wert.“ Danach ging es vom zweiten Stock des Alten Rathauses (1948) in den ersten Stock des Sparkassengebäudes (1951) und wieder zurück ins Rathaus (1965). Dreizehn Jahre später, 1978, zog man in das Lechhaus in der Katharinenstraße. Die Wiedereröffnung im renovierten Lechstadel fand dann erstmals unter fachlicher Leitung statt.