Sport | Spiel | Spannung

Special Sport Heroes

Ende Juni fanden in Berlin die Special Olympics statt, die Internationalen Olympischen Spiele
für geistig behinderte Sportler:innen. Landsberg war sogenannte Host Town und beherbergte
im Vorfeld die bolivianische Delegation. Grund für Bertl, sich mal im Landkreis umzusehen,
wie es hier um das Thema Sport und Behinderung steht. Gefunden haben wir:
Einen Sportler, der mit Sicherheit in Berlin dabei gewesen wäre, wenn ihm Corona nicht die Qualifikation vermasselt hätte.
Und eine inklusive Fußballmannschaft, die mit viel Spaß bei der Sache ist.

Fußball für Alle

Vier Runden warmlaufen? Stöhnen und mürrisches Nicken erfüllen die Luft, als Trainer Frank Schweizerhof das Aufwärmprogramm für das heutige Training verkündet. Doch als er hinzufügt: „Danach noch ein paar Technikübungen und ein großes Abschlussspiel“, hellt sich die Stimmung schlagartig auf.

Frank Schweizerhof ist Trainer der Inklusions-Fußballmannschaft des TSV Landsberg. Gemeinsam mit seinen Kollegen Alexander Festin und Paul Rauch coacht er knapp 20 Spieler und Spielerinnen mit geistiger oder physischer Beeinträchtigung. Die vorrangige Aufgabe des Trainerteams: Motivation. „Wir spielen Fußball ohne Leistungsdruck. Unser Ziel ist es, die Spieler zu motivieren, ihr Bestes zu geben und Spaß zu haben, unabhängig von ihrem individuellen Leistungsniveau“, erklärt Schweizerhof.

Im Mittelpunkt stehen weder Siege noch Tore. Erfolg wird anders definiert. Für Schweizerhof, der sich auch beim bayrischen Fußballverband (BfV) im sozialen Bereich engagiert, sind es die überraschenden Momente, die zählen: „Wenn ein Spieler, den ich noch nie habe rennen sehen, plötzlich sprintet, als gäbe es kein Morgen. Das sind die besonderen Highlights für uns Trainer.“

Einmal die Woche trainiert die Mannschaft zusammen. Den Spielerinnen und Spielern bedeutet das viel. Angelina ist seit September 2022 mit dabei und spielt am liebsten in der Abwehr: „Fußball hilft mir, wenn ich mal nicht so gut gelaunt bin. Dann kann ich mich hier richtig auspowern.“ Auch der 21-jährige Matias freut sich über das Angebot: „Fußball bedeutet für mich Glück und Spaß. Wegen mir können wir auch gerne drei- oder viermal pro Woche trainieren.“

Die Mannschaft um Trainer Schweizerhof ist aktuell die einzige Inklusions-Fußballmannschaft im Landkreis. Sie möchte anderen als Vorbild dienen. Laut Schweizerhof könne sich nämlich jeder zutrauen, mit Spaß und kreativem Training den Inklusionssport zu fördern.

 

Der Goldjunge

Er ist im Landkreis kein Unbekannter. Über seine zahlreichen sportlichen Erfolge wird oft in den Zeitungen berichtet, 2018 war er hier sogar „Sportler des Jahres“. Maximilian Lohse aus Schondorf wäre wohl der einzige Vertreter unseres Landkreises bei den Internationalen Special Olympics in Berlin geworden, wenn ihn nicht eine Corona-Erkrankung kurz vor den Nationalen Spielen letztes Jahr ausgebremst hätte. Und erst mit einer Medaille bei dieser Veranstaltung qualifiziert man sich für die Teilnahme an der Olympiade der geistig behinderten Sportler:innen.

Maximilian Lohse, 32, hat das fragile X-Syndrom. Das bedeutet: Auf dem X-Chromosom ist ein kleines Stückchen Erbinformation fehlerhaft. Eine Erbkrankheit. Sein Vater, Georg Lohse beschreibt es so: „Er kann so vieles und es steckt so viel in ihm drin. Man muss ihn einfach verstehen und es finden. Viele für uns unlogische Dinge sind in seiner Welt logisch.“ Und: „Seine Haut ist dünner als unsere.“ Er wird, sagt sein Vater, immer Begleitung brauchen. Doch die Familie hat gelernt, damit umzugehen.

Eine große Hilfe, nein, ein großer Antrieb, war schon immer der Sport. Georg Lohse ist Leichtathletik-Trainer und Skilehrer. Lang- und Mittelstrecken in der Leichtathletik im Sommer, aber auch Alpenüberquerungen mit dem Mountainbike, Langlauf im Winter, all das gehört schon seit frühester Jugend zum Leben von Maximilian Lohse. Mit 17 Jahren lief er seine erste Wettkampfstrecke, die 1.500 Meter. Danach kamen zahlreiche Medaillen, unter anderem Goldmedaillen über 5.000 und 1.500 Meter (bei den Deutschen Meisterschaften 2018), eine Bronzemedaille bei der Deutschen Meisterschaft 2019 sowie Gold- und Silbermedaillen in Skilanglauf bei den World Games und Bayerischen Meisterschaften. 2020 bremste Corona den jungen Mann aus. Als 2022 wieder Wettkämpfe möglich wurden, erwischte ihn selbst das Virus kurz vor den Deutschen Meisterschaften. Echtes Pech für den ambitionierten Sportler.

Doch das Vater-Sohn-Team lässt sich nicht so leicht unterkriegen: Der Winter kommt schneller als man denkt und damit die Deutsche Winter-Meisterschaft der Special Olympics in Oberhof. Jetzt wird trainiert.

Max, was war bislang deine größte Herausforderung?

Die World Games 2017 in Schladming, das war schon richtiger Stress, da musste ich alleine zurechtkommen, denn meine Eltern hatten keinen Zugang zu uns Athleten, sie durften nur bei den Wettkämpfen und der Siegerehrung dabei sein. Das war echt krass.

Bist du vor Wettkämpfen nervös? Und wenn ja, was tust du dagegen?

Ja, nervös bin ich schon sehr und naja, eigentlich kann ich gar nichts dagegen tun, einfach nur nervös sein und nach dem Startsignal ordentlich Gas geben.

Worüber hast du dich am meisten gefreut?

Wie Timothy Shriver (das ist der Neffe von J.F. Kennedy und Chairman der Special Olympics International, Anm.d.Red.) mir in Schladming die Goldmedaille umgehängt hat. Da habe ich ihn dann in die Arme genommen und vor lauter Freude hochgehoben.

Wenn du nicht trainierst und nicht in Holzhausen arbeitest, was macht dir am meisten Spaß?

Dann mache ich oft Musik. Ich habe eine Veeh-Harfe und eine tolle Musiklehrerin, sie hilft mir noch besser zu werden. Und ich plane auch gerne Reisen und habe schon einen Urlaub für mich und meine Eltern gebucht, da waren die ganz schön platt.

 Text: Max Neuhaus und Silke Feltes | Fotos: Bertl-Magazin und privat
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Ende Juni fanden in Berlin die Special Olympics statt, die Internationalen Olympischen Spiele
für geistig behinderte Sportler:innen. Landsberg war sogenannte Host Town und beherbergte
im Vorfeld die bolivianische Delegation. Grund für Bertl, sich mal im Landkreis umzusehen,
wie es hier um das Thema Sport und Behinderung steht. Gefunden haben wir:
Einen Sportler, der mit Sicherheit in Berlin dabei gewesen wäre, wenn ihm Corona nicht die Qualifikation vermasselt hätte.
Und eine inklusive Fußballmannschaft, die mit viel Spaß bei der Sache ist.

Fußball für Alle

Vier Runden warmlaufen? Stöhnen und mürrisches Nicken erfüllen die Luft, als Trainer Frank Schweizerhof das Aufwärmprogramm für das heutige Training verkündet. Doch als er hinzufügt: „Danach noch ein paar Technikübungen und ein großes Abschlussspiel“, hellt sich die Stimmung schlagartig auf.

Frank Schweizerhof ist Trainer der Inklusions-Fußballmannschaft des TSV Landsberg. Gemeinsam mit seinen Kollegen Alexander Festin und Paul Rauch coacht er knapp 20 Spieler und Spielerinnen mit geistiger oder physischer Beeinträchtigung. Die vorrangige Aufgabe des Trainerteams: Motivation. „Wir spielen Fußball ohne Leistungsdruck. Unser Ziel ist es, die Spieler zu motivieren, ihr Bestes zu geben und Spaß zu haben, unabhängig von ihrem individuellen Leistungsniveau“, erklärt Schweizerhof.

Im Mittelpunkt stehen weder Siege noch Tore. Erfolg wird anders definiert. Für Schweizerhof, der sich auch beim bayrischen Fußballverband (BfV) im sozialen Bereich engagiert, sind es die überraschenden Momente, die zählen: „Wenn ein Spieler, den ich noch nie habe rennen sehen, plötzlich sprintet, als gäbe es kein Morgen. Das sind die besonderen Highlights für uns Trainer.“

Einmal die Woche trainiert die Mannschaft zusammen. Den Spielerinnen und Spielern bedeutet das viel. Angelina ist seit September 2022 mit dabei und spielt am liebsten in der Abwehr: „Fußball hilft mir, wenn ich mal nicht so gut gelaunt bin. Dann kann ich mich hier richtig auspowern.“ Auch der 21-jährige Matias freut sich über das Angebot: „Fußball bedeutet für mich Glück und Spaß. Wegen mir können wir auch gerne drei- oder viermal pro Woche trainieren.“

Die Mannschaft um Trainer Schweizerhof ist aktuell die einzige Inklusions-Fußballmannschaft im Landkreis. Sie möchte anderen als Vorbild dienen. Laut Schweizerhof könne sich nämlich jeder zutrauen, mit Spaß und kreativem Training den Inklusionssport zu fördern.

 

Der Goldjunge

Er ist im Landkreis kein Unbekannter. Über seine zahlreichen sportlichen Erfolge wird oft in den Zeitungen berichtet, 2018 war er hier sogar „Sportler des Jahres“. Maximilian Lohse aus Schondorf wäre wohl der einzige Vertreter unseres Landkreises bei den Internationalen Special Olympics in Berlin geworden, wenn ihn nicht eine Corona-Erkrankung kurz vor den Nationalen Spielen letztes Jahr ausgebremst hätte. Und erst mit einer Medaille bei dieser Veranstaltung qualifiziert man sich für die Teilnahme an der Olympiade der geistig behinderten Sportler:innen.

Maximilian Lohse, 32, hat das fragile X-Syndrom. Das bedeutet: Auf dem X-Chromosom ist ein kleines Stückchen Erbinformation fehlerhaft. Eine Erbkrankheit. Sein Vater, Georg Lohse beschreibt es so: „Er kann so vieles und es steckt so viel in ihm drin. Man muss ihn einfach verstehen und es finden. Viele für uns unlogische Dinge sind in seiner Welt logisch.“ Und: „Seine Haut ist dünner als unsere.“ Er wird, sagt sein Vater, immer Begleitung brauchen. Doch die Familie hat gelernt, damit umzugehen.

Eine große Hilfe, nein, ein großer Antrieb, war schon immer der Sport. Georg Lohse ist Leichtathletik-Trainer und Skilehrer. Lang- und Mittelstrecken in der Leichtathletik im Sommer, aber auch Alpenüberquerungen mit dem Mountainbike, Langlauf im Winter, all das gehört schon seit frühester Jugend zum Leben von Maximilian Lohse. Mit 17 Jahren lief er seine erste Wettkampfstrecke, die 1.500 Meter. Danach kamen zahlreiche Medaillen, unter anderem Goldmedaillen über 5.000 und 1.500 Meter (bei den Deutschen Meisterschaften 2018), eine Bronzemedaille bei der Deutschen Meisterschaft 2019 sowie Gold- und Silbermedaillen in Skilanglauf bei den World Games und Bayerischen Meisterschaften. 2020 bremste Corona den jungen Mann aus. Als 2022 wieder Wettkämpfe möglich wurden, erwischte ihn selbst das Virus kurz vor den Deutschen Meisterschaften. Echtes Pech für den ambitionierten Sportler.

Doch das Vater-Sohn-Team lässt sich nicht so leicht unterkriegen: Der Winter kommt schneller als man denkt und damit die Deutsche Winter-Meisterschaft der Special Olympics in Oberhof. Jetzt wird trainiert.

Max, was war bislang deine größte Herausforderung?

Die World Games 2017 in Schladming, das war schon richtiger Stress, da musste ich alleine zurechtkommen, denn meine Eltern hatten keinen Zugang zu uns Athleten, sie durften nur bei den Wettkämpfen und der Siegerehrung dabei sein. Das war echt krass.

Bist du vor Wettkämpfen nervös? Und wenn ja, was tust du dagegen?

Ja, nervös bin ich schon sehr und naja, eigentlich kann ich gar nichts dagegen tun, einfach nur nervös sein und nach dem Startsignal ordentlich Gas geben.

Worüber hast du dich am meisten gefreut?

Wie Timothy Shriver (das ist der Neffe von J.F. Kennedy und Chairman der Special Olympics International, Anm.d.Red.) mir in Schladming die Goldmedaille umgehängt hat. Da habe ich ihn dann in die Arme genommen und vor lauter Freude hochgehoben.

Wenn du nicht trainierst und nicht in Holzhausen arbeitest, was macht dir am meisten Spaß?

Dann mache ich oft Musik. Ich habe eine Veeh-Harfe und eine tolle Musiklehrerin, sie hilft mir noch besser zu werden. Und ich plane auch gerne Reisen und habe schon einen Urlaub für mich und meine Eltern gebucht, da waren die ganz schön platt.

 Text: Max Neuhaus und Silke Feltes | Fotos: Bertl-Magazin und privat

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