Besondere Möbel. Besondere Menschen.
Zu Besuch bei einem der renommiertesten deutschen Möbeldesigner in Schondorf.
„Ich mache (m)ein Ding“ heißt das Buch, in dem alle Unikate von Jan Armgardt gewürdigt werden.
Fremde Wohnungen sind spannend. Jedes Bild, jeder Teppich, jeder Sessel sagt genauso etwas über die Besitzer wie jedes Buch im Regal. Die Einrichtung ist immer Teil der Persönlichkeit, selbst wenn man nur wenig Wert darauflegt. Denn: Möbel sind ein Kulturgut. Sie formen unsere Lebensräume und sind mithin Ausdruck unserer Identität und unserer kulturellen Werte. Etliche Einrichtungsmagazine – allen voran das mit dem bezeichnenden Namen „Schöner Wohnen“ – zeugen von der Lust, das eigene Heim zu gestalten und „schön zu machen“. Möbel bilden eine Brücke zwischen Ästhetik und Funktionalität, indem sie Komfort bieten und gleichzeitig den Charakter eines Raumes definieren.
Einer, der viel über Möbel nachgedacht hat, ist der Innenarchitekt Jan Armgardt, eine Ikone des deutschen Möbeldesigns. Seit knapp drei Jahrzehnten lebt er mit seiner Frau (ebenfalls eine Innenarchitektin) in Schondorf, wo er sich im Untergeschoß seines ökologischen Hauses großzügige und lichte Werkräume eingerichtet hat. Unzählige Miniaturmodelle seiner Möbel stehen auf Regalen und sind in durchsichtige Kästen verpackt. Denn so arbeitet er: Nicht am Computer, sondern mit Kopf und Hand.
Funktional mit einem Hauch Poesie
Möbel sind seine Leidenschaft. Schon immer, sagt er. Nach einer Möbeltischlerlehre in Celle (wo er auch aufgewachsen ist) und dem Innenarchitekturstudium in Hannover hat Jan Armgardt sich früh selbstständig gemacht. Es habe ihn immer gereizt, eigene Dinge zu entwerfen. Als noch unbekannter Designer hat er ab Mitte der 70er Jahre begonnen, für das Wohnressort der Frauenzeitschrift Brigitte, Möbel zu gestalten und zu vertreiben.. „Man sollte immer mit ein bisschen Naivität an die Dinge des Lebens herangehen“, sagt der 77-Jährige.
Mit dieser Einstellung hat er im Laufe der Jahre mehrere Designklassiker für große Designfirmen entworfen, wurde Professor an der FH Aachen, hat nachhaltige Designprojekte in Indonesien, den Philippinen konzipiert und hat unzählige Möbel-Unikate entworfen und bauen lassen. Diese oft eigenwilligen Unikate sind gleichzeitig Kunstwerke und Gebrauchsgegenstand. Werke, die es nur ein einziges Mal auf der ganzen Welt gibt. Einige davon stehen im Hause Armgardt in Schondorf.
Sie passen zu diesem äußerst ästhetischen Menschen, der gleichzeitig ökologisch bewusst denkt, der klar und funktional konzipiert und dennoch überall „einen Hauch Poesie“ mit hinein designt. Eine Prise Poesie liegt auch in der kreativen Namensgebung seiner Möbel und Produktlinien: Silent Ride, Stolzer Schwan, Choice of Heaven, Das Blaue vom Himmel, Zeitsprung, Denkfix, Secret Love oder Readers Place. Jeder, so sagt Armgardt, schafft sich sein Paradies selbst und schiebt gleich hinterher: „Jeder Geschmack zählt. Wenn er gut ist, umso besser.“
In Würde gealterte Möbel haben eine eigene Geschichte und Identität
Und weiter: „Die Wohnung ist der Ort, wo wir uns der Hektik, dem Tempo unserer Zeit erfolgreich verweigern können. Der Wunsch nach Geborgenheit und Sicherheit wird in Zukunft noch zunehmen. Dort ist das letzte Refugium, in dem wir noch selbst bestimmt entscheiden können, womit wir uns umgeben wollen. Es werden keine Produkte sein, die repräsentieren sollen, sondern Gegenstände, die der eigenen Haltung und dem eigenen Leistungsanspruch entsprechen. Viele Menschen haben inzwischen erkannt, dass man es sich „nicht leisten sollte“, kurzfristigen Trends zu folgen. Schon aus diesem Grund, so glaube ich, wird sich ein neues Qualitätsbewusstsein entwickeln. Im Gegensatz zur Billigware, werden gute Dinge durch Benutzung nicht schlechter, sondern sie fangen mit der Benutzung erst an zu leben. Diese Möbel altern in Würde. Gebrauchsspuren wie Schrammen, Dellen, Verfärbungen sind markante Lebenslinien, die von Zeit und Benutzungserlebnissen erzählen. Sie zuzulassen bedeutet, ihnen ihre eigene Geschichte und Aura zu gewähren. So verlieren Produkte ihre Anonymität und werden zu Komplizen, die ihre Benutzer wie gute Freunde durch den Alltag begleiten. Sie erhalten eine Identität, die sie unvergleichlich, ja, im Wortsinn sogar einmalig machen. Eindeutig ein Zugewinn an Lebenslust.“
Um sein Ding zu machen, braucht es Mut
Jan Armgardt hat immer in erster Linie für sich selbst designt und „wenn Andere daran Freude haben, wunderbar!“ Um sein Ding zu machen, braucht es Mut, sagt er. Wer immer nur an den Markt denkt oder daran, möglichst ökonomisch zu handeln, dessen Möbel verlieren Charakter, werden austauschbar. Glaubwürdigkeit müsse man sich erst aufbauen und dazu brauche es eben eine Haltung. Zu sich selbst, zur Arbeit und zu den Möbeln.
Fotos: Portrait: Ralf Eiser,
1. Roter Sessel: Arlet Ulfers
2. Roter Sessel Leolux, Holland
Bankcollage: Martin Settele
Jan Armgardt Design
Prof. Jan Armgardt
Adresse | Sonnenleite 14
86938 Schondorf am Ammersee
Telefon | 081 92 – 99 80 17
E-Mail | info@janarmgardt.de