Ali aus Afghanistan pflegt Käthe aus Ummendorf. Unsere alternde Gesellschaft braucht mehr und mehr
Pflegerinnen und Pfleger. Ein herausfordernder Job, zu dem sich nicht viele berufen fühlen.
Ein Leben lang gelebt. Gearbeitet. Geliebt. Vielleicht ein Haus gebaut. Kinder großgezogen. Und dann? Tut der Rücken weh. Oder das Herz. Das Gedächtnis spielt verrückt. Die Knochen werden morsch. Mit dem Alter kommen erst die Zipperlein. Dann die Gebrechen. Alt, schwach und krank? Ich doch nicht! Also verdrängen so gut es geht. Und plötzlich funktioniert selbst der Alltag nicht mehr: Kochen wird eine multikomplexe Herausforderung, die Körperhygiene wird vernachlässigt. Wie auch immer es kommt, es wird garantiert nicht besser, je älter wir werden.
Und dann? Bloß nicht ins Pflegeheim. Alle anderen, aber ich nicht. Die Kinder wohnen am anderen Ende der Welt, vielleicht auch nur in München. Sie sind mit ihrem eigenen Leben beschäftigt. Also bestellen sie einen Pflegedienst, der nach dem Rechten schaut, der Kompressionsstrümpfe anziehen hilft, Haare wäscht, Wunden pflegt und ein bisschen für Ordnung sorgt. Und wer kommt? – Ali zum Beispiel.
Ali Rezayi fährt fünf Tage die Woche bei den Menschen vorbei, die Hilfe brauchen. Er wohnt in einer Mitarbeiterwohnung auf dem neuen BRK-Gelände im Landsberger Westen, steigt morgens in den kleinen Elektro-Smart mit dem großen Roten-Kreuz-Aufkleber und beginnt seine Tour. 20 ältere Damen und Herren stehen heute auf seinem Plan. Er kennt sie alle. Wenn er mal im Urlaub ist, fragen sie ungeduldig: Ali, wann kommst du wieder? Vor zehn Jahren flüchtete der junge Mann aus seiner Heimat Afghanistan. Ohne Reisepass. Über die Türkei. Da war er 23 und konnte kein Wort Deutsch. Über Eichstätt und München kam er nach Hurlach, arbeitete sieben Jahre im dortigen Autohaus und bezahlte seine Deutschkurse aus eigener Tasche. Damals, so erzählt er, half ihm eine pensionierte Lehrerin bei den alltäglichen Herausforderungen. „Alle
Menschen hier waren immer freundlich und hilfsbereit. Ich bin so froh, dass ich jetzt etwas zurückgeben kann. Ich helfe sehr, sehr gerne.“
Er sei jetzt genau am richtigen Platz, betont Ali immer wieder. Seit er die Ausbildung zur Pflegehilfskraft beim BRK absolviert und den deutschen Führerschein bestanden hat, fühlt er sich angekommen. Seine Chefin, die Teamleiterin Ambulante Pflege des Landsberger BRK, Katharina Kerber, sagt: „Seit zehn Jahren machen wir in Landsberg Flüchtlings- und Migrationsberatung und es gibt neben Ali noch so viele erfolgreich integrierte Menschen. Ich wünschte, wir würden öfters auf die vielen konkreten positiven Vorbilder schauen.“ Ali bezeichnet sie als absoluten Glücksfall, denn im Be-reich Pflege gibt es nach wie vor einen eklatanten Fach-kräftemangel. „Notfallsanitäter könnten wir jede Menge ausbilden, aber seit drei Jahren hatten wir keinen Azubi mehr als Pflegefachkraft. Wir brauchen mehr Menschen wie Ali.“