„Vor allem finde ich es nötig, dass ich einen Menschen kenne, ehe ich auch nur zu der geringsten Studie für sein Bildnis bereit bin. Wenn ich eine Person male, so gehöre ich für die Zeit meiner Arbeit ganz dieser Person an und niemandem weiter.“
Hubert von Herkomer, Lady in White, Radierung, 1887 © Herkomer-Stiftung
Der Portraitmaler muss aus seinem Modell alles ,herausziehen‘, um es auf die Leinwand zu bringen, zeichnen und malen zu können. Dies kann er nur in der Unterhaltung schaffen.
In der Bemühung, Ausdruck und Persönlichkeit aus seinen Modellen heraus zu kitzeln, scheint Herkomer es mit der Konversation und seiner bestimmenden Art oft etwas übertrieben zu haben. Das berichtet etwa die 19-jährige Katherine Grant, die ihm für sein erstes Frauenporträt „Lady in White“ Modell saß. „Herkomer war ein großer Redner und man kam selbst kaum dazu, nur eine Silbe zu sprechen.“ Doch es hat sich gelohnt!
Die „Lady in White“ wurde nach der Ausstellung in der Royal Academy 1885 und auf der Pariser Weltausstellung 1889 extrem bekannt und brachte dem Künstler vier Goldmedaillen ein. Herkomer erhielt zahlreiche Kaufangebote, sogar vom deutschen Kaiser. Er lehnte jedoch jedes ab und behielt das Porträt bis 1900 selbst, um es international auszustellen und Kunden zu werben. Denn es besaß große Anziehungskraft auf Männer.
Ein kluger Marketing-Schachzug: von den berühmten Werken wie der „Lady in White“ fertigte Herkomer Drucke an, erzielte dadurch mehr Gewinn und eine größere Verbreitung seiner Werke.