Feder | Pinsel | Geist

Ein Gedicht, ein Gedicht

Es gibt immer einen Anlass ein Gedicht zu schreiben. Sagt Monica Calla. Die Schauspielerin, Kabarettistin und Autorin hat im Herbst ihren ersten Lyrikband herausgegeben. Mit satirischem Sprachwitz, Humor und Wortkunst seziert sie die Facetten unseres Lebens genauso wie die allgegenwärtigen gesellschaftlichen Paradoxien. Aus ihrem Buch „Ein Stück Früh vom Zwitschervogel – Satirische Gedichte und andere schöne Lyrik“ haben wir zwei Gedichte herausgesucht, die zu dieser besonderen, innengewandeten Stimmung rund um die Jahreswende und die dunkle Jahreszeit gut passen. Dazu haben wir die Designerin Uschi Fritz von Fritzante um Illustrationen gebeten. Sie hat auch das Titelbild des wunderschönen Büchleins gestaltet. Wir finden: Es gibt immer einen Anlass, ein Gedicht zu lesen.

Bevor das Jahr zu Ende geht

Im Wünschen noch das Kind bedenken
Der Nachbarin ein Lächeln schenken
Dem Hund den Knochen nicht verwehren
Und vor der eignen Türe kehren

Den Krieg im eignen Herzen enden
Sich an die letzte Blume wenden
Liebe ist nicht kurz zu fassen
Ein Blick kann Sterne leuchten lassen

Jahresbeginn

Die Kälte zwingt uns langsam in die Knie.
Der Winter bekommt weißes Haar.
Die Gedanken fahren Ski
auf Nervenbahnen aus Angst und Apathie.
Warum es nie bleibt, wie es war.

Das Jahr beginnt mit Aufstand und Protesten.
Unzufriedenheit gefriert zu Wut.
Uns ging es jahrelang am besten
im vorgebräunten, milden Westen.
Seit gestern geht’s uns nur noch gut.

Für Frauen dreht das Rad in falscher Richtung.
Die Patriarchen steuern es mit Macht.
Sie schreiben und sie loben weiter ihre Dichtung.
Und die alte Frage der Gewichtung,
klingt immer noch wie ausgedacht.

Wohin die Reise geht, wer will das ahnen.
Die Endzeitpunkte werden aufgeschoben.
Wir schwingen mutig und „mit Haltung“ Fahnen.
Verriegeln und verigeln uns in sanft urbanen
Wolken gegen „Die da oben“.

Das Jahr nimmt Fahrt auf, doch wie immer
kommt die Bahn zu spät. Wir warten auf den einen, ersten Hoffnungsschimmer.
Solange bleiben wir im nice gedimmten Zimmer.
Das wird schon noch. Bald ist wieder Garten.

Text: Bertl-Magazin | Grafik: Uschi Fritz – Fritzante
Feder | Pinsel | Geist

Ein Gedicht, ein Gedicht

Es gibt immer einen Anlass ein Gedicht zu schreiben. Sagt Monica Calla. Die Schauspielerin, Kabarettistin und Autorin hat im Herbst ihren ersten Lyrikband herausgegeben. Mit satirischem Sprachwitz, Humor und Wortkunst seziert sie die Facetten unseres Lebens genauso wie die allgegenwärtigen gesellschaftlichen Paradoxien. Aus ihrem Buch „Ein Stück Früh vom Zwitschervogel – Satirische Gedichte und andere schöne Lyrik“ haben wir zwei Gedichte herausgesucht, die zu dieser besonderen, innengewandeten Stimmung rund um die Jahreswende und die dunkle Jahreszeit gut passen. Dazu haben wir die Designerin Uschi Fritz von Fritzante um Illustrationen gebeten. Sie hat auch das Titelbild des wunderschönen Büchleins gestaltet. Wir finden: Es gibt immer einen Anlass, ein Gedicht zu lesen.

Bevor das Jahr zu Ende geht

Im Wünschen noch das Kind bedenken
Der Nachbarin ein Lächeln schenken
Dem Hund den Knochen nicht verwehren
Und vor der eignen Türe kehren

Den Krieg im eignen Herzen enden
Sich an die letzte Blume wenden
Liebe ist nicht kurz zu fassen
Ein Blick kann Sterne leuchten lassen

Jahresbeginn

Die Kälte zwingt uns langsam in die Knie.
Der Winter bekommt weißes Haar.
Die Gedanken fahren Ski
auf Nervenbahnen aus Angst und Apathie.
Warum es nie bleibt, wie es war.

Das Jahr beginnt mit Aufstand und Protesten.
Unzufriedenheit gefriert zu Wut.
Uns ging es jahrelang am besten
im vorgebräunten, milden Westen.
Seit gestern geht’s uns nur noch gut.

Für Frauen dreht das Rad in falscher Richtung.
Die Patriarchen steuern es mit Macht.
Sie schreiben und sie loben weiter ihre Dichtung.
Und die alte Frage der Gewichtung,
klingt immer noch wie ausgedacht.

Wohin die Reise geht, wer will das ahnen.
Die Endzeitpunkte werden aufgeschoben.
Wir schwingen mutig und „mit Haltung“ Fahnen.
Verriegeln und verigeln uns in sanft urbanen
Wolken gegen „Die da oben“.

Das Jahr nimmt Fahrt auf, doch wie immer
kommt die Bahn zu spät. Wir warten auf den einen, ersten Hoffnungsschimmer.
Solange bleiben wir im nice gedimmten Zimmer.
Das wird schon noch. Bald ist wieder Garten.

Text: Bertl-Magazin | Grafik: Uschi Fritz – Fritzante

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