
Die Humorfachmänner, das sind der Autor Rudolf Anton Fichtl und der Pianist Gerhard Abe-Graf. Wer sie einmal live erlebt hat, weiß, das ist: Wortwitz auf hohem Niveau. Staubtrocken, böse und pointiert. Ein grandioses Zusammenspiel vom Meister und seinem Praktikanten. Eine musikalische Lesung.
Feinsinnige Wortakrobatik statt plumpes Schenkelklopfen:
Der Landsberger Rudolf Anton Fichtl beweist als „Humorfachmann“, dass wahre Komik mehr braucht als nur Lachen – nämlich Verständnis für Mehrdeutigkeiten und das gekonnte Brechen von Konventionen.
Eine Geschichte über die subtile Kunst des intelligenten Humors.
Es ist schon eine Weile her, da lag in einigen Landsberger Geschäften plötzlich ein kleines orange-weißes Büchlein an prominenter Stelle aus. Es wäre nicht weiter aufgefallen, wenn da nicht dieser Titel wäre: Das Kribbeln beim Bestatten dicker Dänen.
Kurze Irritation, genaueres Hinschauen, ach so: Satirische Lyrik. Steht zumindest im Untertitel. Erstes Durchblättern, erstes Schmunzeln, erster Eindruck: Der Mann kann mit Sprache umgehen, er beherrscht die subtile Kunst des Wortwitzes, er hat Sinn für absurden Humor und überraschende Wendungen.
Und: Er kommt tatsächlich aus Landsberg, Grund genug diesen Rudolf Anton Fichtl mal etwas genauer kennenzulernen.
Die Fakten sind schnell erzählt: Eltern aus dem Fuchstal, aufgewachsen in Landsberg („ich bin Landsberger glühenden Herzens“), Studium in Augsburg, Beruf: Rechtsanwalt.
Das Leben daneben ist spannender: Schon früh musiziert Fichtl (den Landsbergern besser bekannt als Vitus) gemeinsam mit Armin Federl (heute Programmgestalter des s`Maximilianeum im Stadttheater) „im Stile der Fraunhofer Saitenmusik“. Ab 1983 stelzt er mit dem Lechwehrtheater unter Wolfgang Tietze (heute Wolfgang Haucks „Die Stelzer“). Aus diesen Anfängen entsteht 1985 dann das musikkabarettistische Herrenquartett „Mistcapala“, das im Laufe der Jahre deutschlandweit Fans findet. Eigene Texte, eigene Musik, eigener Humor: Mistcapala begeistert. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk überträgt rund um die Jahrtausendwende so einige Auftritte in die deutschen Wohnzimmer.
Abserviert
Charme und Kohle: Fehlanzeige.
Brillengläser: daumendick.
Tränensäcke: mehr als üppig.
Vorname: Knut-Dominik.
Schneidezähne: wie ein Biber.
Tischmanieren: keine Spur.
Bauchumfang: gefühlt 2 Meter.
Haare: Playmobilfrisur.
Vom IQ her: auch nicht besser
als sein Cocker Spaniel Rex.
Kaum zu fassen: Diese Pfeife
ist der Neue meiner Ex.
Corona zerschmettert die Formation. 2021 sind in der Lokalpresse wahre Lobpreisungen und Grabreden ob der Auflösung von Mistcapala zu lesen. In der Mistcapala-Zeit schreibt Fichtl Texte, die teilweise – da oft mehr Gedicht als Lied – in der Schublade landen, bis Fichtls Frau Regine feststellt: diese Gedichte müssen ans Licht. Und so publiziert der Erpftinger Balaena-Verlag 2022, bereits in 2. Auflage, die geschliffene und pointierte Lyrik Fichtls unter diesem schönen Dicken-Dänen-Titel.
Aber die Geschichte geht noch weiter. Mit feinem Gespür für Witz, mit hohem Anspruch und staubtrockenem Humor hat Fichtl eine musikalisch-kabarettistische Lesung auf die Beine gestellt, deren Herz die Texte aus seinem Buch darstellen.
Fichtls Partner in Crime ist dabei der Landsberger Pianist Gerhard Abe-Graf. Wie sich die beiden „Humorfachmänner“ (so ihre Selbstbeschreibung) die lyrisch verdichteten Bälle zuschmeißen, ist großartig. Nichts für Fans des plumpen Schenkelklopfens, mehr für Liebhaber:innen des Zwischen-den-Zeilen-Lesens sowie des absurden Nonsenses.
Aber ist nicht genau das die Definition von Humor? Ein komplexes soziokulturelles und psychologisches Phänomen. Humor basiert oft auf unerwarteten Verbindungen, Widersprüchen oder dem Durchbrechen von Konventionen. Er erfordert meist kognitive Fähigkeiten zum Erkennen und Verstehen von Mehrdeutigkeiten.
Oder, um zum Schluss mit Joachim Ringelnatz noch einen anderen Meister der literarischen Satire zu Wort kommen zu lassen: „Humor ist der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt.“
Die nächsten Auftritte
27. 4. Kulturwirtschaft Walden in Nordendorf, 12 Uhr
8. 5. Buchhandlung CoLibri in Dießen, 19:30 Uhr
9. 5. Weinladen in Gilching, 20 Uhr
25. 10. Malura Museum in Oberdießen, 19 Uhr