Eine kurze Geschichte über Kopfschmerzen und Tablettenabhängigkeit.
Ungewöhnlich erzählt von dem jungen Landsberger Max Ferdinand Waldmann. Wir drucken einen Auszug aus dem prämierten Buch „Migräne, Mörderpuppe“.
Migräne ist die Hölle auf Erden. Das, was man seinen schlimmsten Feinden nicht wünscht. Man ist ihr hilflos ausgeliefert, sie ist die Herrin über das Leben derjenigen, die sie heimsucht. Sie ist eine brutale Folterin, der man sich bedingungslos unterwerfen muss.
Manchmal, wirklich nur manchmal, helfen Schmerzmittel. Diese trügerischen kleinen Dinger versprechen kurzzeitig Linderung. Bis der Körper sich daran gewöhnt und eine höhere Dosis fordert, damit die irren Schmerzen unterdrückt werden. Ein Teufelskreislauf beginnt, zur Migräne kommt die Tablettenabhängigkeit.
Das alles kennt der Landsberger Sozialwissenschaftler, Theaterregisseur und queere Aktivist Maximilian Huber, alias Max von Theben, alias Max Ferdinand Waldmann nur zu gut. Nach Jahren des Leidens ist er schließlich in einer Schmerzklinik gelandet, wo man ihn zunächst auf Tablettenentzug gesetzt hat. Seine dortigen Erfahrungen hat er nun in einer durchaus humorvollen, kurzweiligen Geschichte verarbeitet.
Das Buch „Migräne, Mörderpuppe“ wurde mit dem Young Storyteller Award, präsentiert von Thalia und story.one, ausgezeichnet und ist unter den 100 besten Büchern aus Tausenden von Einreichungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Max hat für seine Erzählung eine ungewöhnliche Perspektive gewählt: Die Protagonistin ist eine Schmerzpille namens Almo. Was zunächst ungewöhnlich klingen mag, funktioniert erstaunlich gut und ermöglicht es Max doch, eine gewisse Distanz zu seiner eigenen Geschichte einzunehmen.
Aus Kapitel 1 – Almos Story
Hallo, mein Name ist Almo. Ich werde euch die Geschichte von Max erzählen, der mit ner Pillensucht in einer Schmerzklinik gelandet ist. Ich kenne ihn gut, sehr gut. Ich begleite ihn seit zwei Jahren ständig. Ich höre ihm zu, aus der Dunkelheit. Genauer gesagt hat er mich einfach vergessen, dieser Max. Ich bin zu seinem Schatten geworden. Ich habe lange in einer Schublade verbracht. Ursprünglich hatte ich keinen Namen, keine Identität. Nur ein kleiner, einfacher, weißer Kreis, von denen es viele gab. Max hat sie alle konsumiert. Längliche Gelbe, große und kleine, die auf der Zunge zerschmelzen oder die man sich in den Unterbauch spritzt. Gelegentlich bewegte sich die Schublade, in der ich lag. Doch an einem hektischen Arbeitstag landete ich schließlich in einem schicken Waistebag oder deutsch Bauchbeutel. Ein Schwanken, ein Rütteln. Und ich rutschte gemeinsam mit Kaugummipapieren, alten Quittungen und Münzen in ein hinteres Taschenabteil, eine Nirgendwo-Ecke. Ein Ort, an dem kleine Gegenstände unbemerkt hineinrutschen und scheinbar verschwinden. Dort hatte ich alle Zeit der Welt, eine eigene Identität zu entwickeln: Almo.